Heute ist er vom Place de la Bastille nicht mehr wegzudenken: Der goldene Geist der Freiheit, der mit einer Fackel und zerbrochenen Ketten in den Händen von der Spitze der Julisäule wegzufliegen scheint. Dieses 1840 eingeweihte Ensemble war aber ursprünglich nicht als Ersatz für die Ruinen des Bastille-Gefängnisses vorgesehen. Der Sockel und das Becken waren eigentlich für ein anderes Bauwerk bestimmt, das 1806 von Napoleon in Auftrag gegeben worden war: die „Fontaine de l’éléphant“ – der Elefantenbrunnen.
Der vom Architekten Jacques Cellerier entworfene Brunnen hatte, wie der Name schon sagt, die Form eines Elefanten mit gigantischen Ausmaßen (15 Meter lang und 24 Meter hoch) und wurde von einem Turm gekrönt. Das Wasser sollte durch den Kanal Saint-Martin geleitet werden und aus dem Rüssel des Tieres sprudeln. Zwar wurde das Projekt bereits 1814 offiziell verworfen, doch ein Gipsmodell in Originalgröße, das in der Nähe der Baustelle errichtet worden war, wurde erst 1846 zerstört. Eine Konstruktion, in der Victor Hugo in seinem Buch „Les Misérables“ seine Figur Gavroche wohnen ließ, wie Jean-Christophe Bailly in einem kürzlich erschienenen Buch berichtet.
Diese Episode der Pariser Historie ist eine der vierundvierzig Geschichten, die die Ausstellung „Paris Animal“ erzählt. Die vom Pavillon de l’Arsenal, das der Stadtplanung und Architektur von Paris gewidmet ist, angebotene Ausstellung „beschreibt und analysiert die Herausforderungen und Perspektiven des Aufbaus der Hauptstadt von der Antike bis heute unter dem Blickwinkel des Tieres“. Zwischen Nähe und Distanz, Aufwertung der Wildnis und Domestikation entwickelt sich das Zusammenleben zwischen Mensch und Tier im Laufe der Zeit und spiegelt „die großen gesellschaftlichen Umwälzungen“ wider.
In einem chronologischen Ansatz taucht der Besucher zunächst in das gallo-römische und mittelalterliche Paris ein. In dieser Zeit war „das Tier überall“. Tiere und Menschen „teilen sich dieselben Räume und Architekturen“. Die Viehzucht und das Schlachten fanden in der Stadt statt und Hühner, Schweine und Ziegen tummelten sich im öffentlichen Raum. Ein Zustand, der nicht ohne Konflikte und sogar tragische Episoden geblieben ist. So starb König Philipp von Frankreich im Jahr 1131, nachdem er mit seinem Pferd ein Hausschwein gerammt hat. Der Unfall führte zu den ersten Vorschriften, die das Herumlaufen von Tieren in der Stadt einschränkten, aber es dauerte mehrere Jahrhunderte, bis sie sich wirklich durchsetzten.
In der Renaissance wurde eine andere Beziehung zu Tieren aufgebaut, die von „Kontrolle und Distanzierung“ geprägt war und sich später mit der Industrialisierung noch verstärkt hat. Das neue Ziel war „den wilden Teil von Paris zu reduzieren oder gar zu vernichten“. Diese wilden Tiere wurden hinter Gitterstäben der 1793 eröffneten Menagerie im Jardin des Plantes untergebracht, nachdem ein Erlass die Zurschaustellung von Tieren in den Straßen der Stadt verboten hatte. Das gezähmte Tier wurde hingegen in den königlichen Paraden und Karussells, auf den ersten Pferderennbahnen und in den Zirkussen in Szene gesetzt – beispielsweise im heute verschwundenen Cirque d’été, der als Vorbild für den noch bestehenden Cirque d’hiver diente.
Mit der Entwicklung des städtischen Verkehrs im 19. Jahrhundert wurden Pferde zu unverzichtbaren Akteuren des Pariser Lebens. Ab 1828 tauchten die ersten Kutschen auf. 1855 schlossen sich die verschiedenen bestehenden Transportunternehmen zur Compagnie générale des omnibus zusammen, deren Kavallerie fünf Jahre später auf über 6.500 Pferde anwuchs. Anfang des 20. Jahrhunderts zählte „Paris bis zu 80.000 Pferde“. Diese Präsenz wurde durch entsprechende Räumlichkeiten wie Ställe, Werkstätten und Heulager umso sichtbarer.
Diese scheinen heute zwar völlig verschwunden, in der Hauptstadt leben aber immer noch um die 1.300 Tierarten. Dazu zählen natürlich auch Haustiere: Die Zahl der in Paris lebenden Katzen wird auf 250.000, die der Hunde auf 100.000 geschätzt. Doch die ökologische Krise und der Zusammenbruch der Artenvielfalt veranlassen immer mehr Akteure dazu, die Stadtplanung neu zu überdenken. Die Ausstellung endet mit der Vorstellung von Maßnahmen, die den Platz für Wildtiere im städtischen Raum fördern – beispielsweise durch ökologische Korridore, Schlupflöcher in Gebäuden oder brachliegende Flächen.