„Bonjour“, ruft plötzlich eine Dame im Vorbeigehen. „Bonjour“, grüßt Benedict Kloeckner zurück und erklärt: „Das ist meine Bäckerin!“ Wie gut, dass wir gerade auf dem Weg in ihre Bäckerei sind, um unsere kleine Tour, die wir mit ihm durch sein Viertel gemacht haben, zu beenden. Vor vier Jahren ist der deutsche Cellist mit seiner Frau, der Geigerin Clémence de Forceville von Berlin nach Paris gezogen und lebt seitdem fußläufig vom Invalidendom entfernt.
Genau dort treffen wir ihn auch an einem sonnigen Nachmittag und lassen uns von ihm zu seinen Lieblingsorten im Alltag führen. „Ich mag den Park der Avenue de Breteuil hinter dem Dom sehr und komme regelmäßig her, um eine kleine Pause vom Üben zu machen“, erzählt er. Zwar lebt Benedict Kloeckner mit seiner Frau in zwei Studios im Haus ihrer Eltern, dennoch wird es in Pariser Apartments manchmal eng. „Aber wenn es so viele schöne Parks, Cafés und Restaurants vor der Tür gibt, ist es nicht so schlimm, dass man ein paar Quadratmeter weniger hat.“
Aufgewachsen in der Nähe von Koblenz, entdeckte Benedict Kloeckner schon früh die Liebe zum Cello. Nach einigen Klavierstunden bekam er mit neun Jahren endlich ein Instrument von seinen Eltern geschenkt. Seine Ausbildung erhielt er an der Musikhochschule Karlsruhe sowie an der renommierten Kronberg Academy unter anderem bei Frans Helmerson. Seitdem ist er als international gefragter Solist zu Gast in Konzertsälen weltweit. Nach Paris zu kommen sei daher immer ein bisschen wie Urlaub für ihn, gesteht er.
„Mir gefällt es so gut in Paris, aber ich muss auch gestehen, dass ich die schönen Seiten der Stadt genießen kann. Ich muss nicht jeden Tag eine halbe Stunde mit der Métro durch den Berufsverkehr fahren, sondern kann mir meine Zeit sehr flexibel einteilen.“ Nur die vielen Streiks machen ihm da manchmal einen Strich durch die Rechnung. „Ich muss ehrlich gestehen, dass ich mir mit Cello und Koffer dann oft ein Taxi zum Bahnhof oder Flughafen rufe“, sagt er lachend.
Seitdem er in Paris lebt, gibt Benedict Kloeckner häufiger Konzerte in der Stadt und hat schon an Orten wie dem Salle Cortot, im Maison de la Radio und sogar der Philharmonie gespielt. Nur im Théâtre des Champs-Élysées ist er noch nicht aufgetreten. Er könnte sich auch vorstellen, zusätzlich zu seinem vor zehn Jahren gegründeten Internationalen Musikfestival Koblenz auch in Paris eine Art Salonfestival zu organisieren, denn „im 19. Jahrhundert gab es diese fantastische Salonkultur in Paris“.
Während wir gemeinsam vom Park der Avenue de Breteuil zu Benedicts nächstem Lieblingsort, der Bäckerei Duquesne schlendern, erzählt er, dass ihm der Anschluss in Paris etwas schwerer gefallen sei als damals in Berlin. „Das hat natürlich auch mit der Sprachbarriere zu tun“, sagt er, „aber durch meine Frau habe ich viel Kontakt zu Franzosen und mit der Zeit ist mein Französisch auch immer besser geworden. Oft ist es aber immer noch so, dass, wenn ich etwas auf Französisch gesagt habe, das Gespräch schon längst bei einem anderen Thema angelangt ist.“ Dann erinnert er sich daran, wie er zum ersten Mal die Familie von Clémence kennengelernt hat: „Plötzlich wurde über französische Könige im 16. und 17. Jahrhundert gesprochen“, lacht er. „Da konnte ich natürlich nicht sehr viel dazu beitragen…“
Angekommen in der Bäckerei treffen wir auf einen von Benedict Kloeckners Nachbarn, der ein freundliches „wie gehts?“ in die Runde wirft. Bei Kaffee und Limonade wirft der Cellist einen Blick auf die Mandelcroissants in der Auslage und attestiert, dass das die besten in der Stadt seien. Langfristig wollen Benedict und Clémence in Paris bleiben, zu verlockend sind das musikalische und kulturelle Angebot der Stadt, das gute Essen und die Nähe zu Lausanne, wo Clémence Konzertmeisterin des Orchestre de Chambre de Lausanne ist. „Natürlich weiß man nie, wohin das Leben einem verschlägt. Aber für Clémence ist hier ihre Heimat und ihre Familie lebt hier. Das ist sehr schön.“