Fünf Arkaden für ebenso viele verschiedene Leben. Die beeindruckende Fassade der Gaîté Lyrique im 3. Arrondissement von Paris hat im Laufe ihrer Geschichte ein vielfältiges Publikum angezogen. Im 18. Jahrhundert zog es als Théâtre de la Gaîté die Massen an. Zwischen 1862 und 1986 war das Gebäude ein Pariser Operettentempel, bevor es für einige Zeit zu einem Vergnügungspark mit dem Namen „Planète magique“ umfunktioniert wurde. 2011 wurde die Gaîté Lyrique dann mit einem Programm wiederbelebt, das den digitalen Kulturen gewidmet war.
Seit diesem Freitag hat die Gaîté wieder ein neues Gesicht: Das eines Kulturortes, der sich zum Ziel gesetzt hat, künstlerisches Schaffen und soziales Engagement miteinander in Einklang zu bringen. „Die Gaîté Lyrique versucht jedes Mal, ihre Zeit widerzuspiegeln“, betont die neue Generaldirektorin Juliette Donadieu gegenüber Aus Paris. Nach den Umwälzungen der letzten Jahre und in einer sich stark verändernden Pariser Kulturlandschaft – mit neuen Orten wie Le Hasard Ludique, Ground Control oder Jardin21 – „haben wir uns die Frage nach der Verantwortung und dem Anspruch eines Kulturortes heute gestellt“, erklärt sie uns.
Um sie zu beantworten, wurde auf Initiative des Vereins Arty Forty, der verschiedene Kulturorte betreut und das renommierte Lyoner Festival „Nuits sonores“ ins Leben gerufen hat, ein kollektiver Prozess eingeleitet. Um Arty Forty herum gruppierten sich der Mobilisierungsverein makesense, die internationale NGO SINGA, das Verlagshaus Actes Sud und der Fernsehsender Arte. „Wir mussten einen Dialog zwischen den verschiedenen Bereichen der Kunst und Kultur, der Medien und der Solidarität schaffen“, sagt Donadieu.
Das neue Projekt der Gaîté Lyrique mit dem Titel „La fabrique de l’époque“ sieht unter anderem eine größere Öffnung des Kulturzentrums vor. „Die Gaîté will ein Ort des Alltags werden, mit erweiterten Öffnungszeiten von 9 bis 23 Uhr. Wir werden solidarische Frühstücke beherbergen und auch im Sommer mit einem Open-Air-Programm im Juli öffnen“, stellt die Direktorin vor. Auf Wunsch der Stadt Paris werden dort auch mehr Konzerte als bisher veranstaltet, ganze 120 Stück pro Jahr. Das Programm wird durch Begegnungen, Debatten und verschiedene Veranstaltungen an jedem Abend ergänzt. Außerdem möchte die Gaîté Lyrique mit ihren verschiedenen Aufnahme-, Probe-, und Multimedia-Studios verstärkt Talente unterstützen. In diesem Bereich wird der Beitrag von Arte mit besonderer Spannung erwartet.
Für Juliette Donadieu, die lange Zeit eine Karriere in der Kulturdiplomatie mit Stationen in Berlin, London, Sri Lanka und San Francisco verfolgt hat, sind die Begriffe „Öffnung“ und „Einladung“ eines Kulturortes sehr wichtig. Daher wurden leichte Änderungen am Gebäude vorgenommen, um die Menschen stärker dazu zu bewegen, einzutreten: „Die Fassade kann sehr einschüchternd wirken und eine riesige Empfangstheke hat früher den Eindruck von Kontrolle und Ausschluss erweckt. Wir haben sie entfernt, um Platz für einen offenen Raum zu schaffen.“
Diese neue Version der Gaîté Lyrique kann jetzt am 12., 13. und 14. Mai entdeckt werden. Dann veranstaltet das Team ein besonderes Wochenende mit Ausstellungen und Podiumsdiskussionen. „An dem Wochenende ist die ganze Zeit etwas los, um unser Projekt neu und besser kennenzulernen“, schließt Juliette Donadieu.
Coverbild: © Clara de Latour / Gaîté Lyrique